Politik als Empfindungsspektakel ● Die Politik als Empfindungsspektakel zielt auf die Bewegungsnerven ab. Sie verwandelt Ohnmacht in Masse und (gefühlte) Macht. Hilfsbegriffe werden zu Steigbügeln einer Wirklichkeitskonstruktion, Bilder schaffen Möglichkeitsräume, die sich zunehmend auch in (Fehl-)Handlungen manifestieren.
Die negativen Effekte unserer Kultur werden als Nebenwirkungen abgetan, die systemischen Fehler als unumstößlich wahrgenommen.
Unsere engen Vorstellungen vom prinzipiell Möglichen und Unmöglichen und die erklärten »Leitwissenschaften« helfen uns bei der Orientierung am Tradierten / scheinbar Bewährten / am (für uns) Realen.
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Dinge und Diskurse ● Die Eigenschaften der Dinge und unsere Sichtweisen auf die Dinge sind voneinander verschieden. (Wie auch Parteien- / Politikerinszenierung und Realpolitik voneinander abweichen.)
Was sich betrachten lässt, lässt sich naturgemäß auf verschiedene Weisen interpretieren, und Gesellschaft ist Verhandlungssache. Streit um die Diskurshoheit aber verhindert oftmals die tatsächliche Auseinandersetzung mit den Gegenständen der Betrachtung.
Was in einer Wahrnehmung und Interpretation von Links-Rechts-Stereotypen nicht selten verunmöglicht wird, ist eine wahre Beschäftigung mit dem gesellschaftlichen Status Quo / mit soziokulturellen / -politischen Problemen.
Die gesellschaftlichen Probleme und ihre Verhältnisse zu den unterschiedlichen Lösungsvorschlägen / -ansätzen erzählen viel über die jeweiligen Überzeugungen und Werte, die sich in unserer Kultur durchgesetzt haben, sie geben Auskunft über das (im Denken und Handeln) Mögliche, das als möglich Erachtete sowie das als wirklich Gedachte, unsere Wirklichkeitskonstruktionen.
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Die Gemachtheit ● Es ist dringend notwendig, uns immer wieder an die Gemachtheit, die kulturelle (juristische, ökonomische, politische, soziale) Konstruktion unserer modellhaften Wirklichkeit zu erinnern.
Es gilt, das Auseinanderklaffen von (möglichem) Denken, Alltag, Staat und subjektiver Weltwahrnehmung durch kritisches Hinterfragen unserer Realitätskonstruktionen im Auge zu behalten.
Modelle des Wirklichen ● Die hergebrachten soziokulturellen und -ökonomischen Modelle des für uns Wirklichen sind krisenerschüttert. Und dennoch halten wir fest an gewohnten Schemata,
Anwendungen des Altvertrauten, wir verlängern das zum Scheitern Verurteilte, als gälte es uns selbst zu beweisen, dass der von uns eingeschlagene Weg der einzig richtige ist.
Empfindungswirklichkeit ● Unsere gegenwärtigen Denkgerüste wanken unter der Last der systemischen Wirkkräfte, der allgegenwärtigen medialen Konstrukte und rhetorischen Aufweichungen von Sinn(zusammenhängen), die sensorische Empfindungswirklichkeit sucht wahlweise hilflos tastend oder aggressiv polternd nach neuen Orientierungsmöglichkeiten, um das Handeln zu ermöglichen / erleichtern.
Individuelle und kollektivierte Vorstellungswelten und Lebensrealitäten sind im Wandel, und im Netz findet jeder die Bestätigung für die eigene Wahrheit. Was vermehrt generiert wird, sind Bilder des Misstrauens.
Neidmotive nehmen Form an, Kanäle der Wut werden geöffnet, Lügengebäude errichtet. All dies sind Bausteine eines Instrumentariums zur Re-Inventarisierung und Re-Interpretation eines konsensischen Gesellschaftsgefüges: Gefühlte Wirklichkeiten ersetzen zunehmend tatsächliche Gegebenheiten, sie lassen unmittelbar Wahrgenommenes verändert erfahren / interpretieren.