Der Nebel marschierte die Hauptstraße hinunter, spreizte sich auf den Hauptplätzen, besetzte Picadilly. Die Tausende amerikanischer Soldaten waren noch immer da, seltsam entfremdet. Hier war ein Arm zum Gruß erhoben, ein Mund offen zum Schrei. Viele ergriffen die Gelegenheit. Es war die Jagd nach dem Mädchen in der Dunkelheit. Romantik war ersprossen. Geheimnis waltete. Verbrecher schlichen sich in unbehütete Gebäude zu Mord und Schändung, Einbruch und Notdurft. Geflüster wurde hörbar; die Entfernung erhöhte die Wahrscheinlichkeiten. Der Mann mit den Abendausgaben verkaufte seine Zeitung unbesehenen Händen, verfinsterten Gesichtern. Die letzte Auflage war immer noch zu haben.
Ein paar Rebellen träumten von Italien, vom blauen Mittelmeer, von der blauen Donau. Der Geist des Widerstandes versuchte Wiederkehr. Die Jazzkapelle auf dem Podium wagte eine Melodie aus Sturm und Leidenschaft. Die Finger wurden klamm, der Atem des Oboisten stieg qualvoll durch die Luftröhre auf.
Die Vorhalle des Café Canada war während der flauen Zeit am Morgen gereinigt worden. Jetzt sah es dort glatt und fein aus, trotz der nebeligen Stücke Luft, die von den Flügeln der Drehtüre hereingeblasen wurden. Die Leuchter an den Wänden waren mit zarten Lampenschirmen verziert. Zur Rechten standen Stühle und zur Linken standen Stühle, mit Menschen darauf, die die Zeitung lasen und warteten. Der Portier kam und ging, inspizierte die Vorkehrungen für Verdunklung; seine Brust war tapeziert mit den Tapferkeitsmedaillen eines früheren Krieges. Die Stühle waren mit Seide bespannt, um nichts geringer, weil sie alt waren, unberührt von Nebel und Krieg, völlig unverdorben von der Zeit. Auch der Teppich war unbeschädigt, ein klein bißchen abgetreten. Überall war ein mächtiges »N« zu sehen, in Gold oder Messing, ein großsprecherisches Zeichen, als gehöre das Unternehmen Napoleon, Kaiser der Vergnügungsstätten.
Das Haus, von First zu Keller, rieb sich die Augen, dem Erwachen nahe. Im Oberstock wurden die Tischtücher geglättet, um die besseren Gäste zu empfangen. In der Bar begannen die Kellner Whisky mit Nebel zu mischen. Die ersten Überröcke marschierten in die Garderobe. Die Telephonzellen füllten sich mit Männern, die sich um ihre Freundinnen ängstigten, sie könnten vielleicht im Nebel verlorengegangen sein. Ein schwarzer Diener putzte in der Herrentoilette die ersten Schuhe dieser Nacht im Krieg.
Alle Stühle waren besetzt. Heute abend wartete jeder länger als sonst. Die Autobusse waren aufgehalten, die U-Bahn war vollgestopft, die Taxis waren zu Hause geblieben, Züge hatten Verspätung: Sorgen genug und genug.
Ich beobachtete meine Kameraden im Wartedienst. Ich las meine Zeitung. Ich wartete auf meine Dame.
Perlen und schwarze Tränen | Leseprobe
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