»Kultureinrichtungen als moralische Anstalten einer wehrhaften Demokratie haben ausgedient. In ihnen gedeihen Machtmissbrauch, Macho-Kult und Gutsherrendenken. Sie dienen dem Amüsierbedürfnis der Eliten und den kommerziellen Interessen des Tourismus und verbraten unter dem Deckmantel der Gemeinnützigkeit Millionen abseits funktionierender Kontrollmechanismen. Dabei setzen sie auf Säulenheilige längst vergangener Zeiten und pfeifen auf Migrant:innen, junge Menschen und die Lebensrealität der zahlungsschwachen Milieus.
Besserung ist nicht in Sicht: Denn das Kulturestablishment ist unsolidarisch, in Verteilungskämpfe verstrickt und von politischen Seilschaften durchdrungen. Mit dem Argument der künstlerischen Freiheit entzieht es sich jeglicher sozialer Wirkungslogik.
Im Wirbel der großen Inszenierung gerät eines oft in Vergessenheit: Die Theater, Museen und Konzerthäuser gehören uns. Sie sind wie Straßen, öffentlicher Verkehr und Gesundheitseinrichtungen Teil unserer Basisinfrastruktur. Sie sind dazu da, unsere Bedürfnisse zu berücksichtigen, unsere Lebensumstände abzubilden und unsere Probleme zu verhandeln. Es geht um nicht weniger als eine personelle und programmatische Revolution, um die Rückeroberung eines Elfenbeinturms namens Hochkultur.«
Eroberung des Elfenbeinturms | Leseprobe
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