Barbara Kadletz lebt und arbeitet als Buchhändlerin in Wien. Wenn sie nicht die Bücher anderer verkauft, schreibt sie an ihren eigenen Texten – nun hält sie glücklich ihren druckfrischen Debütroman Im Ruin in der Hand und erzählt uns von diesem »Buch fürs Gemüt«.
Im Ruin ist ein atmosphärisches Großstadtmädchen, das in Wien spielt. Woher kommt deine Liebe zu dieser Stadt?
Lou Reed hat einmal in einem Interview über New York gesagt, diese Stadt wäre wie seine DNA, nach seinen Eltern käme gleich New York. Ich glaub, das kann ich von mir und Wien auch behaupten – ohne dass ich das jetzt näher erklären könnte, es ist einfach da – ein Gefühl, ein verrückter Magnetismus.
Was deine Figuren verbindet, ist das gemeinsame Stammbeisl Im Ruin. Gibt es dafür ein reales Vorbild, das du empfehlen kannst?
Ich fürchte nicht. Vielleicht habe ich mir das Ruin auch deswegen hergeschrieben, aus einer Sehnsucht heraus nach dem perfekten Stammlokal. Im echten Leben hat man wohl eher mehrere Lieblingslokale, je nach Stimmung und Tageszeit, aber keines, das immer passt.
Im Roman stellst du zahlreiche musikalische Bezüge her und pflanzt deinen Leser*innen auch so manchen Ohrwurm ein. Wie kommen dir die Ideen für die passenden musikalischen Einsprengsel?
Das passiert bei mir immer automatisch. Durch irgendein Wort entstehen oft ganze Song-Assoziationsketten in meinem Kopf. Mein Gehirn scheint da recht empfänglich dafür zu sein. Eine zweifelhafte Begabung. Insgeheim hätte ich ja lieber so ein Schachhirn, eines, wo man immer zehn Züge im Voraus im Kopf hat und nebenbei problemlos auch noch schwierige Gleichungen lösen kann. Aber diese Hoffnung hab ich längst aufgegeben. Bei mir schwirrt im Zweifelsfall eher immer ein Song im Kopf herum und plärrt mich an.
Der Roman spielt auf zwei verschiedenen Zeitebenen. Hast du die Abschnitte auch getrennt voneinander verfasst oder ging das in einem?
Hui, schwer zu sagen. Das Ruin trage ich tatsächlich schon so lange mit mir herum, dass ich selbst kaum mehr weiß, was wann wie entstanden ist. So richtig durchgängig geschrieben und die losen Einzelteile zusammengeführt habe ich dann aber erst in einem dreimonatigen Sabbatical. Das war eine schöne Erfahrung, sich so bedingungslos reingrooven zu können in einen Schreibprozess.
Als erfahrene Buchhändlerin bei Hartliebs kannst du bestimmt gut einschätzen, was wer gerne liest. Welchen Kund*innen würdest du deinen Roman besonders ans Herz legen?
Oje, im direkten Gespräch im Laden wäre es mir wohl viel zu unangenehm, jemandem mein eigenes Buch zu empfehlen. Aber ich vermute, dass das Ruin ein Buch für all jene ist, die gerade ein Leo brauchen, um sich ein wenig vor der Welt zu verstecken. »Ein Buch fürs Gemüt« würde ich es wohl in einem Verkaufsgespräch nennen.
Zwischen welchen Büchern würdest du Im Ruin in einem thematisch sortierten Bücherregal einreihen?
Ein Ratgeber für gute Cocktails sollte auf jeden Fall in der Nähe stehen. Und vielleicht das Paninistickeralbum zum nächsten Fußball-Großevent. Und auch auf die Gefahr hin, dass es hier aus dem Kontext des Ruin gerissen, völlig vermessen und größenwahnsinnig daher kommt: James Joyces Ulysses natürlich.