Der Ruhm der Pioniere
Miss Able und Miss Baker waren nach Gordo im Jahr 1958 die nächsten Affen-Astronauten. Die Totenkopfäffchen flogen im Mai 1959 mit einer Jupiter-Rakete von Cape Canaveral, erreichten eine Höhe von rund 480 Kilometern und landeten nach 16 Minuten wieder auf der Erde. Able und Baker waren die ersten lebenden Geschöpfe, die heil wieder auf der Erde ankamen. Able starb kurze Zeit später, während ihr die vor der Mission implantierten Elektroden entfernt wurden, an Atemstillstand. Die Mediziner der NASA versuchten sie zweieinhalb Stunden wiederzubeleben – »Todesursache unbekannt« heißt es erstaunlicherweise in ihrem Bericht. Eigentlich hätte Miss Able ja gar nicht dabei sein sollen, geplant war ursprünglich, einen indischen Affen ins All zu schicken, doch US-Präsident Eisenhower fürchtete, dass das die Beziehungen zu Indien belasten könnte.
Nach ihrer gelungenen Mission waren Miss Able und Miss Baker die ersten Weltraum-Stars, ihre Fotos wurden wie die von Helden durch alle Medien gereicht, ihnen galt sogar die Titelgeschichte des Life Magazines. Die Rettungsversuche von Able füllten ganze Magazinseiten. Sie waren die ersten Versuchsaffen, die vermenschlicht wurden.
Nach ihrem Tod wurde Miss Able ausgestopft und in ihren Raumanzug gesteckt. So tritt sie seitdem im National Air und Space Museum des Smithsonian in Washington D.C. auf. Der Raumanzug ist schon eine Innovation für sich. Er wurde nach einem Gipsmodell gefertigt und ist ein maßgeschneiderter Stuhl, in dem Able vollständig fixiert ist. Absurd ist die Handhaltung der ausgestopften Raumfahrlegende. Miss Able hält die Hand über dem Herzen, wie das die Amerikaner als patriotische Geste lieben. Ihr Skelett ist im National Museum of Health and Medicine gelagert.
Miss Able ist übrigens auch ein Hollywood-Star. 2009 hatte sie im Film Nachts im Museum 2 ihren großen Auftritt – wie alle anderen Ausstellungsstücke wurde sie zum Leben erweckt. Interessanterweise wurde sie – wie die Katze Félicette – für die Filmszene zu einem Männchen gemacht.
Und was wurde aus Miss Baker?
Die Peruanerin hatte die Operation zur Entfernung der Elektroden anders als ihre Partnerin überlebt. Von den Demonstrationen wegen Tierquälerei vor der US- Botschaft in London hat sie vermutlich dennoch nichts mitbekommen. Sie erhielt eine Medaille und eine Urkunde für ihre Verdienste als »Space Pathfinder for the mutual benefit of man and animals« und kam ins Naval Aerospace Medical Center in Pensacola Florida, wo sie 1962 mit dem Affen Big George verheiratet wurde. 1971 wurden sie und Big George an das U.S. Space & Rocket Center in Huntsville verschenkt, wo beide lebende Objekte einer Ausstellung wurden. Dort war Miss Baker jahrzehntelang die Attraktion. Als ihr Anvertrauter 1979 starb, wurde sie ein zweites Mal verheiratet: Norman war der Glückliche. Doch Miss Baker protestierte und riss sich das weiße Brautkleid nach nur wenigen Sekunden vom Leib.
Miss Baker wurde mit 27 Jahren der bis dahin älteste bekannte Totenkopfaffe und starb erst 1984. Sie wurde auf dem Gelände des Museums bestattet.
Etwa zeitgleich wurden übrigens auch die Affen Sam (4. Dezember 1959) und Miss Sam (21. Jänner 1960) für ihre Flüge bekannt. Den Ruhm der Pioniere konnten sie allerdings nie erreichen. In die Geschichte ging aber die Begrüßung nach der Landung zwischen Sam und seinem Betreuer ein. Der Tierarzt wird mit den Worten zitiert. »The reunion was almost human.«
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Martin Thomas Pesl & Ulrike Schmitzer
Houston, wir haben ein Problem. Kuriose Geschichten aus der Raumfahrt
Vierfärbig, mit zahlreichen Abbildungen und Illustrationen, 220 Seiten, 23 Euro