Gibt es überhaupt etwas zu feiern?
Am 8. März ist Internationaler Frauentag – ein Tag, der 1911 als Initiative im Kampf um die Gleichberechtigung, die Emanzipation und das Wahlrecht für Frauen entstand. Das erste Mal wählen durften Frauen in Österreich und Deutschland trotzdem erst 1918. Ob es im Hinblick auf die Geschlechtergleichstellung überhaupt etwas zu feiern gibt, fragen sich Schriftsteller*innen, Historiker*innen, Politolog*innen und Journalist*innen in unserem Sammelband Warum feiern. Sie berichten von persönlichen Erfahrungen, beleuchten die Frauenbewegung und rekapitulieren die Geschichte vom Beginn des Frauenwahlrechts bis zu #MeToo.
Von einer menschenfreundlichen Zukunft
Die immer noch anhaltende Pandemie verschlimmert die (Geschlechter-)Ungleichheiten bekanntermaßen. Der Wandel der Arbeitswelt wirkt sich spürbar negativ auf die Verteilung der Sorge- und Erwerbsarbeit zwischen Männer und Frauen aus. Dabei könnten wir die Corona-Krise auch als Katalysator für Veränderungen in der Arbeitskultur nutzen. Genau das fordern auch die Frauen in Lektionen in Dunkler Materie: Mindestlohn, arbeitsrechtliche Absicherung, längere Kindergartenöffnungszeiten … kurzum, eine Zukunft, die menschenfreundlich gestaltet ist. Ursula Knolls Frauen wollen alle etwas verändern. Dafür braucht es einen Sitzstreik im Kindergarten, eine Ladung Tomaten und eine gesunde Portion Widerspenstigkeit. »Leseprobe
Mehr Lust, mehr Sprache
Eine Revolution lostreten möchte auch Simone Schönetts Ich-Erzählerin. Sie nimmt sich der weiblichen Libido an, für deren Ausdruck es immer noch nicht die nötige Sprache gibt. Weiterhin bloß auf den Fundus der Männer zurückzugreifen, wird der weiblichen Lust offensichtlich nicht gerecht. Auf der Suche nach einer völlig neuen Sprache nimmt uns Das Pi der Piratin auf eine sprachgewaltige Reise ins Tierreich, durch die Botanik bis hin zur griechischen Mythologie mit. Der Unterdrückung des weiblichen Begehrens wird dabei der Kampf angesagt. Barbara Kadletz, Buchhändlerin und selbst Autorin (Im Ruin, 2021), stellt fest: »Dieses elegante Bändchen sollte in keiner (feministischen) Bibliothek fehlen.« »Leseprobe
Aufrüttelnde Sozialreportagen aus der Zwischenkriegszeit
Von einer anderen Zeit, aber deswegen nicht weniger eindringlich erzählt Flüchtiges Glück. Else Feldmann widmet sich darin dem schmerzvollen Leben von Arbeiterfrauen, die sich für einen Hungerlohn durch den menschenunwürdigen Fabriksalltag quälen, um ihre Kinder und sich nur knapp durchbringen zu können. Feldmanns Sozialreportagen sind eindringliche Dokumente des tristen Alltags im Wien der Zwischenkriegszeit. Die Schriftstellerin erweist sich als scharfe Kritikerin, die das Erlebte in eine fesselnde Sprache umzusetzen weiß. »Leseprobe
Wer sich anlässlich des Internationalen Frauentags mit den erwähnten oder anderen feministischen und emanzipatorischen Lesetipps eindecken möchte, wird überall dort fündig, wo es Bücher gibt. Lasst uns heute – trotz dieser alles überschattenden schrecklichen Nachrichten aus der Ukraine – dem Frauentag zumindest für einen Augenblick seine Ehre erweisen.
Mehr Infos zu den Büchern:
Lektionen in Dunkler Materie
Roman von Ursula Knoll
Flüchtiges Glück
Sozialreportagen von Else Feldmann
Das Pi der Piratin
Prosa von Simone Schönett
Warum feiern
Sammelband von Elena Messner, Eva Schörkhuber und Petra Sturm