Was der Herbst bringt
Wir in der Buchbranche kennen das alle: Wenn sich der Frühling entschließt, zu bleiben, rauchen unsere Köpfe schon längst Richtung Herbst. Cover werden gestaltet, Lektorate besprochen, Veranstaltungen geplant. Und obwohl wir die warme Jahreszeit und langen Sonnenstunden kaum erwarten können, gesellt sich spätestens beim Durchblättern der Programmvorschau die Vorfreude auf den Herbst dazu. Hier geben wir euch einen kurzen Einblick über die neuen Bücher, an denen wir gemeinsam mit unseren Autor:innen und Herausgeber:innen werkeln:
»Was läuft falsch im Kulturbetrieb?«, fragt sich der Autor und Kulturmanager Fabian Burstein und wirft einen alarmierenden Blick in die Produktions- und Wirkungsstätten von Kunst und Kultur und zeigt, dass es so nicht weitergehen kann. »Die Eroberung des Elfenbeinturms« ist sein leidenschaftliches Plädoyer für eine »bessere« Kultur, das nicht nur viele höchst brisante aktuelle Zustände offenlegt, sondern auch optimistische Lösungsstrategien aufzeigt.
Der Berliner Lyriker Björn Kuhligk legt mit »Der Landvermesser« seinen mit Spannung erwarteten ersten Roman vor. Und er kann auch Prosa. »Der Landvermesser« ist ein atmosphärischer Roman über Entfremdung und Identität, Entfernung und Nähe und eine brillante Beschreibung zweier Landschaften, die Kolumbiens und die seiner Hauptfigur Müller. Der ist vierundvierzig, ohne Selbstvertrauen, neurotisch und voller Ängste. In Kolumbien könnte nun aber alles anders werden …
Mit ihrem Erzählband »Sobald ich ›ich‹ sage, ist mir nicht mehr zu trauen« betritt auch Simone Schönett neues literarisches Terrain. In zehn Erzählungen blickt sie in die feinen Zwischenräume der menschlichen Abgründe, seziert souverän festgefahrene Beziehungen, lässt lustvoll Kartenhäuser zusammenfallen und treibt ihre Figuren aus der Komfortzone. Ein literarischer Balanceakt zwischen Normalität und Aufstand, in dem die Autorin auch ihre humorvolle Seite unter Beweis stellt.
Der jüdische Arzt und Schriftsteller Paul Engel ist einer jener zu Unrecht Vergessenen. 1938 emigrierte er mit seiner Familie aus Wien zunächst nach Kolumbien, später nach Ecuador. Als Diego Viga schrieb er zahlreiche Romane und Erzählungen. Erich Hackl ist es zu verdanken, dass sein monumentaler Exilroman »Die Unpolitischen« ab diesem Herbst wieder lieferbar sein wird. Ein mitreißender Roman, in dem Viga ausgehend von seiner eigenen Biografie die bewegende Geschichte einer jungen jüdischen Generation zwischen Überleben und Weiterleben schildert.
Ein Hoch auf die Giraffe, findet Alexander Kluy und setzt dem unterschätzten und inzwischen vom Aussterben bedrohten Tier ein Denkmal. In seiner eleganten Kulturgeschichte erzählt er, wie die Beschreibungen der Antike die Vorstellungen eines mythischen Wesens formten, wie die ersten Exemplare ihren mühsamen Weg in europäische Menagerien fanden und wie die Giraffe bis heute in Gemälden, in der Literatur, im Film und in der Street Art Zeugnis ihrer Einzigartigkeit ablegt.
Mascha Dabić zeigt in ihrem vielbeachteten Roman »Reibungsverluste« einen Tag im Leben einer Frau, die in einer unmenschlichen Zeit zwischen Anteilnahme und Abgrenzung balanciert. Und sie richtet den Scheinwerfer auf die Menschen, ohne die eine Willkommenskultur nicht möglich wäre: die Dolmetscher:innen im Hintergrund. Mitte Juli erscheint die Erfolgsausgabe – ein nach wie vor wichtiges Buch.
Mehr Infos zu den einzelnen Büchern gibt’s auf der Website und in der Programmvorschau.